Porträt von Vasco Boenisch, Intendant des Schauspiels Hannover ab der Spielzeit 2025/26

Kulturkopf | Dr. Vasco Boenisch

Vasco Boenisch ist der neue Intendant des Schauspiels Hannover. Am 11. September 2025 wird seine erste Spielzeit mit der Premiere von „PRIDE” von Falk Richter beginnen. Wir stellen den Theatermacher in unserer Reihe niedersächsischer Kulturköpfe vor.

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Vom Theaterkritiker zum Theaterintendanten

Die Biografie des neuen hannoverschen Schauspielintendanten klingt fast ein wenig atemlos: Vasco Boenisch, Jahrgang 1980, studierte Journalistik, Politische Wissenschaft, Theaterwissenschaft und Soziologie und absolvierte parallel die Deutsche Journalistenschule. Als freier Journalist arbeitete er für verschiedene Printmedien sowie für den Bayerischen Rundfunk, WDR Fernsehen und ARTE. Ein Schwerpunkt seiner journalistischen Tätigkeit ist die Theaterkritik. Von 2004 bis 2014 schrieb er für die Süddeutsche Zeitung Theaterkritiken. Und auch wissenschaftlich setzte er sich damit auseinander: 2008 wird seine Promotionsarbeit „Krise der Kritik? Was Theaterkritiker denken – und ihre Leser erwarten” veröffentlicht. Promoviert wird Vasco Boenisch Redakteur in der Kulturredaktion Fernsehen des WDR und kurz darauf Redakteur mit besonderen Aufgaben sowie Referent in der Leitung der Hauptabteilung Kultur und Wissenschaft Fernsehen. Hier ist er an der Entwicklung von Kulturformaten wie „Anke hat Zeit” mit Anke Engelke beteiligt und präsentiert als Moderator die Sendung „west.art”.

Aus der Kulturredaktion wirbt ihn 2014 Johan Simons, der Intendant der Ruhrtriennale 2015 bis 2017, ab und holt ihn als Dramaturg in sein Team. Zur Spielzeit 2018/2019 wechselt Vasco Boenisch mit Johan Simons ans Schauspielhaus Bochum und wird dort Chefdramaturg. In der Spielzeit 2023/24 folgte der Karrieresprung zum Künstlerischen Direktor und stellvertretenden Intendanten in Bochum. Im September 2025 wird er nun als Nachfolger von Sonja Anders seine erste Spielzeit als Intendant des Schauspiels Hannover eröffnen. 

Vasco Boenisch wurde für seine Arbeiten mehrfach als Dramaturg des Jahres nominiert. Einblicke in die Theaterwelt konnten Leser*innen der FAZ von 2020 bis 2024 zudem in seiner kurzweiligen Kolumne „Fragen Sie Vasco Boenisch” erhalten. 

Einblicke in das Spielzeitheft 2025/26

„Liebe will riskiert werden”

Unter diesem Motto laden Vasco Boenisch und das Team des Schauspiels Hannover zu ihrer ersten gemeinsamen Spielzeit ins Theater ein. 24 Premieren, darunter zehn Uraufführungen und drei deutschsprachige Erstaufführungen, sind geplant. Am 11. September 2025 wird die neue Spielzeit mit der Produktion „PRIDE” von Falk Richter eröffnet, einem bunten Fest für queeres Leben, alle Lebensformen, für Freiheit und Selbstbestimmung. Am 13. September folgen gleich zwei Premieren: „Mit anderen Augen. Ein musikalischer Abend über das Sehen”, der einlädt zum Eintauchen in die Welt der Blindheit und „Der unsichtbare Mann”, ein Stück für Menschen ab 4 Jahren von Jetse Batelaan zum Staunen und Lachen. Der Wunsch des neuen Intendanten ist es, das Theater zu einem Ort für alle zu machen, zu einem warmen Ort der Zuversicht und des Willkommenseins. Noch vor den Premieren feiern Schauspiel und Oper daher am 31. August ein großes Eröffungswochenende. Auf dem Programm stehen Proben-Einblicke, Szenenausschnitte, Führungen, Mitmachaktionen und Musikprogramme. Im Kulturhof steigt das Hoffest des Schauspiels und der künstlerischen Nachbar*innen des Kulturdreiecks. Das Eröffnungsfest beginnt am 31. August um 11:00 Uhr mit einem Frühstück auf dem Opernplatz. 

Wir wünschen Vasco Boenisch toi, toi, toi für die Spielzeit 2025/26!

5 Fragen an Vasco Boenisch

Meine Aufregung vor der ersten Pressekonferenz – und schließlich die Euphorie und Vorfreude, mit der die Menschen auf unsere Pläne für die erste Spielzeit reagiert haben. Das ist sehr beglückend.
In einer Zeit von Egoismus, Kälte, Hass und Größenwahn wollen wir mit unserem Theater eine Alternative sein. Es beginnt bei der inneren Haltung: mit offenen Armen und neugierig auf Menschen zugehen. Gute Gastgeber*innen sein. Eine Atmosphäre schaffen, in der Menschen durch Kunst inspiriert werden und sich verbinden – und so Welt verhandeln, formen und wiederum verändern. Wir möchten ein Vorbild sein, dass Weltoffenheit und Vielfalt uns bereichern. Viele unserer Inszenierungen spenden Verbundenheit, sind sinnlich, berührend und auch empowernd. Theater ist DER Ort, um andere Perspektiven zu entdecken und dadurch Empathie zu erproben. Wir wollen konstruktiv auf die Krisen unserer Zeit reagieren.
Das ist, als würde man einen Vater fragen, welches seiner Kinder ihm am liebsten sei... Weil unsere 24 Premieren sehr unterschiedlich werden, wähle ich in aller Voreingenommenheit eine Inszenierung, an der ich selbst als Dramaturg mitgewirkt habe und die wir vom Schauspielhaus Bochum mit nach Hannover bringen können: „Das neue Leben“ frei nach Dante Alighieri, Meat Loaf und Britney Spears in der Regie von Christopher Rüping. Eine der besten und berührendsten Theateraufführungen der vergangenen Jahre – zugewandt, menschlich, überraschend, ästhetisch spektakulär, zum Lachen, zum Weinen, am Ende tröstend und mit einzigartigen Schauspielpersönlichkeiten. Für mich eine Signature-Inszenierung, sehr, sehr herzliche Empfehlung!
Wir laden zu politischen Themen kluge Menschen ein, um im Gespräch einen Umgang mit den Polykrisen unserer Zeit zu finden. Moderiert wird die neue Reihe von der Philosophin Catherine Newmark, bekannt vom Deutschlandfunk Kultur. Das Besondere ist, dass wir in die Tiefe gehen wollen und sich das Publikum aktiv beteiligen kann. Am Ende sind wir hoffentlich nicht nur etwas schlauer, sondern auch weniger deprimiert angesichts der politischen Zustände. Die erste Ausgabe findet am 2.10.2025 statt: „Zusammenhalt“.
Natürlich der im Publikum! Und einer von den neu gepolsterten Stühlen in unserem umgestalteten Schauspielhaus-Foyer.