Album Amicorum – Das Große Stammbuch von Philipp Hainhofer
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel

Der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (HAB) gelang 2020 ein spektakulärer Neuerwerb: Für rund 2,8 Millionen Euro hat die HAB das „Album Amicorum“, das „Große Stammbuch“ von Philipp Hainhofer gekauft. In diesem reich illustrierten Album, einer frühen Form des „Freundschaftsbuchs“, haben sich zwischen 1596 und 1647 Kaiser, Könige und Fürsten, Diplomaten und Militärs handschriftlich verewigt. Das 227 Seiten umfassende Werk enthält zahlreiche von teils namhaften Künstlern gestaltete, reich verzierte Schmuckseiten.
”National wichtige kulturelle Zeugnisse sichern, um sie der Öffentlichkeit zu präsentieren, zählt nicht zur täglichen Stiftungsarbeit. Das Große Stammbuch Philipp Hainhofers ist eines dieser außergewöhnlichen Zeugnisse. Ich freue mich deshalb sehr, dass die Stiftung Niedersachsen daran mitwirken konnte, dieses wertvolle Stammbuch für die Herzog August Bibliothek anzukaufen und es dort mit großen Teilen von Hainhofers Nachlass zusammenzuführen.
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Die Stiftung Niedersachsen fördert den Kauf mit 220.000 EUR. Weitere Förderer sind die Kulturstiftung der Länder, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, die VolkswagenStiftung (im Rahmen des Niedersächsischen Vorab), die Herzog August Bibliothek (Wittchow-Aschoff-Stiftung), die Ernst von Siemens-Kunststiftung und die Rudolf- August Oetker-Stiftung. Das Land Niedersachsen finanziert darüber hinaus aus Mitteln des Niedersächsischen Vorab der VolkswagenStiftung ein dreijähriges Forschungsprojekt an der HAB mit 300.000 Euro, das die Entstehung und Geschichte des Stammbuchs und seiner künstlerischen Ausgestaltung untersucht.
Von Hainhofers insgesamt vier Stammbüchern ist das sogenannte „Große Stammbuch“ das kunst- und kulturhistorisch bedeutendste. Laut Expertenmeinung überragt es in Ausstattung und politischer Bedeutung alle weiteren 25.000 dokumentierten Stammbücher weltweit. Bis 2006 galt es in der Forschung als verschollen. Zwei weitere Stammbücher Hainhofers befinden sich, neben dem fast vollständigen Nachlass Philipp Hainhofers, bereits in der HAB.
Der Augsburger Kunsthändler und Diplomat Philipp Hainhofer war in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts die bedeutendste Vermittlerpersönlichkeit für Kunst sowie politische und kulturelle Informationen nördlich der Alpen. Als „cultural broker“ überschritt er beständig konfessionelle und politische Grenzen. Hainhofer war für seine fürstlichen Auftraggeber nicht nur Lieferant von Luxusgütern (am berühmtesten die sog. „Kunstschränke“, Wunderkammern en miniature), sondern zugleich ‚Agent‘, der seine Korrespondenten, darunter auch Herzog August in Wolfenbüttel, mit Informationen über politische, familiäre und künstlerische Neuheiten versorgte. Wichtig war das Stammbuch für ihn auch als Medium im diplomatischen Austausch. Es verschaffte Hainhofer Zugang zu den bedeutendsten politischen Entscheidungsträgern seiner Zeit, da es zur damaligen Zeit bereits als Sensation galt.
Lessingplatz 1
38304 Wolfenbüttel