Leine Los!

Eine soziokulturelle Landpartie durch Gronau (Leine)

KulturTour, 27. April 2019 | © KulturKreis Gronau e. V.

Was macht die ehemaligen Dörfer Banteln, Betheln, Brüggen, Eddinghausen, Haus Escherde, Gronau, Rheden, Heinum, Wallenstedt, Eitzum, Barfelde und Nienstedt so besonders und wie können all die Orte zu einer neuen gemeinsamen Stadt Gronau (Leine) zusammenwachsen?
Der Kulturkreis Gronau e. V. begab sich in einem Schreib- und Theaterprojekt auf die Suche danach, was die Heimat lebenswert macht.

Leine los! | © KulturKreis Gronau e.V.

Das Projekt vorgestellt von Silke Pohl

Wo sich Storch und Hamster begegnen…da ist es landschaftlich reizvoll, aber nicht immer idyllisch. Vor allem, wenn mit einem Schlag etwas Althergebrachtes ganz anders wird. So geschehen Ende 2016 in Gronau an der Leine. Aus der kleinen Kleinstadt wurde damals durch den Beitritt einiger bis dato selbstständiger Gemeinden quasi über Nacht eine große Kleinstadt: Die Einwohnerzahl verdoppelte, die Fläche vervierfachte sich. Für die einen Grund zur Freude, für viele andere beängstigend. Das Schwinden der Dorfidentität verursachte Furcht.

Höchste Zeit also, ganz Gronau in einem großen Projekt zusammenzubringen – dachte sich der KulturKreis Gronau e.V. und beschloss über anderthalb Jahre alle Teile der Stadt Gronau (Leine) gleichberechtigt in ein partizipatives Projekt einzubinden: Mit Erzählen, Schreiben und Theater sollten die Bürger*innen ab Frühjahr 2018 Identität und Geschichte(n) ihrer Ortsteile sichtbar machen, dafür Wertschätzung erfahren und sich unterwegs mit bekannten, vor allem aber auch neuen Nachbar*innen ihrer Stadt austauschen.

So begaben sich die Theatermacher*innen und Autor*innen Karu-Levin Grunwald-Delitz und Silke Pohl und die Kulturwissenschaftsstudierende Clara-Maria Scheim ab Sommer 2018 auf Geschichtenschatzsuche: In über 60 Gesprächen und Interviews sammelten sie Geschichten über all jene Orte in der neuen Stadt Gronau (Leine), die ihren Bewohner*innen wichtig sind, und jene Erlebnisse, die sie damit verbinden. Acht Erzählcafés zu verschiedenen thematischen Schwerpunkten führten sie in den verschiedenen Ortsteilen Gronaus für über 300 Gäste durch, stets in Kooperation mit einem lokalen Verein und immer getragen von einem wunderbaren Domino-Effekt: Jede erzählte Geschichte befeuerte die nächste und bot Anlass, ein „ganz ähnliches“ oder „ganz anderes“ Erlebnis zu schildern. In zwei Schreibwerkstätten kamen Bürger*innen zwischen 13 und 90 Jahren zusammen und teilten schreibend biografische Erinnerungen, gaben einander Feedback zu ihren Texten und überarbeiteten sie bis zur Druckreife.

Am Ende stand die große gemeinsame Erfahrung durch Kultur, Eigeninitiative und Engagement etwas Besonderes erlebt und bewegt zu haben.

All diese Geschichten flossen ein in den Material-Fundus für den Höhepunkt von „Leine los!“: drei Theater-Spaziergänge. Mit dem Bus und zu Fuß führte die Reiseleitung durch die verschiedenen Ortsteile. Vor Ort wurden Geschichten erzählt, gespielt, gesungen, getanzt... Rund 250 Leute spazierten als Publikum mit, etwa 100 steuerten mündlich oder schriftlich Geschichten und Erinnerungen bei, und ein wahres Meer an Mündern, Augen und helfenden Händen spielte, musizierte, grillte, war als Zaungast mit an Bord oder half auf andere wunderbare Weise dabei, die Spaziergänge zum Erfolg zu führen.

Ob Mitwirkende oder Publikum – beim Projekt kamen Menschen aller Generationen aus allen Ortsteilen zusammen und lernten aus neuen Blickwinkeln aufeinander und auf ihre Stadt zu schauen. Am Ende stand die große gemeinsame Erfahrung durch Kultur, Eigeninitiative und Engagement etwas Besonderes erlebt und bewegt zu haben.

Alle im Projekt ausgearbeiteten Geschichten sind online unter https://map.kulturkreisgronau.de nachzulesen sowie inzwischen vor Ort auch als Buch erhältlich.

Kulturkreis Gronau e. V.

Junkernstr. 7

31028 Gronau (Leine)