Markt für nützliches Wissen
und Nicht-Wissen

Förderung 2018 bis 2021

Buchen Sie ein Expertengespräch für 1 Euro! Nutzen Sie die Chance für Mehr-Wissen! Seien Sie für einen Abend Teil einer außergewöhnlichen Wissensgemeinschaft!

Während eines Marktes für nützliches Wissen und Nicht-Wissen bieten bis zu 100 Expert*innen ihr Wissen zu einem bestimmten Thema in 30-minütigen Vieraugengesprächen an. An Einzeltischen sitzend, erwarten sie ihre Klient*innen, das Publikum. Dieses hat die Wahl: Das Privileg des Einzelgesprächs nutzen oder doch lieber per Marktradio in ausgewählte Gespräche hineinhören und sich im aufmerksamen Zuhören das Wissen oder Können des Anderen aneignen. Es entsteht so für einen Abend ein gemeinsamer Diskursraum, in dem Lernen und Verlernen, Wissen und Nicht-Wissen, Lebens- und Überlebensstrategien auf nicht-institutionellem Weg ihre ‚Besitzer*in' wechseln.
 

Die Stiftung Niedersachsen übertrug das international erprobte Konzept auf Niedersachsen und setzte zwischen 2018 und 2021 gemeinsame mit den Staatstheatern in Oldenburg, Braunschweig und Hannover Wissensmärkte um.

1. Niedersächsischer Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen in Braunschweig

MAPPING THE GAP | GAPPING THE MAP
Der 1. Niedersächsische Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen am 7. April 2018 im Staatstheater Braunschweig, dem Leben in Zwischenräumen, Durchgangslagern und Wartezimmern. Mehr Menschen als jemals zuvor sind unterwegs, warten zwischen Orten oder leben an provisorischen Plätzen, an denen der Ausnahmezustand zur Regel geworden ist. Laut den Vereinten Nationen besteht ein Flüchtlingslager im Durchschnitt für 20 Jahre und ein Flüchtling verbringt etwa 12 Jahre dort. Der Braunschweiger Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen untersuchte die konkreten und symbolischen Zwischenräume in der gegenwärtigen Gesellschaft und die Figuren, die sie bevölkern: Flüchtende, die auf die Anerkennung eines Status warten ebenso wie Schleuser*innen, Schmuggler*innen und Spion*innen, Touristen und Geschäftsleute, Grenzgänger*innen und Nomad*innen (digitale und hedonistische), Blogger*innen, Hacker*innen und Vielflieger*innen.

 

Download Expert*innenübersicht und Schlagwortkatalog Braunschweig (pdf, 4,7 MB)

2. Niedersächsischer Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen in Oldenburg

Niemandsland — Migration und Grenzarbeit an den Rändern der Ordnung
Der Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen fand am 24. Mai 2019 in der Exerzierhalle in Oldenburg statt.

Download Themenliste und Expert*innen Oldenburg (pdf)

HAB UND GUT. Eigentum, gemachte Armut und eine Welt, die wir teilen

64 Expert*innen boten am 12. September 2021 beim „Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen” im Schauspiel Hannover ihr Wissen an.

Download Themenliste und Expert*innen (pdf)

Das Konzept

Jeder Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen folgt einem festgelegten dramaturgischen, administrativen und organisatorischen Ablauf. Die Vorbereitung benötigt etwa 17 Wochen. Während dieser Zeit erfolgt die Recherche nach den jeweiligen Expert*innen, die wenn möglich einen regionalen Bezug haben sollen. Etwa einen Monat benötigt die produktionstechnische Vorbereitung. Die Bühnen- oder Raumarchitektur der Märkte ist vorgegeben, nicht beliebig und stützt das Prinzip des Anbietens, Kaufens, Verkaufens und die Idee einer theatralen Wissensinstallation. Dazu gibt es festgelegte Rollen und Kostüme für die Verkäufer*innen, Betreuer*innen und Helfer*innen rund um den Markt.
 
Expert*innen im Kontext der Märkte sind alle Menschen, die über ein spezifisches, thematisches Wissen verfügen. So können Expert*innen der Einwanderungsgesellschaft beispielsweise Flüchtlingspat*innen, Geflüchtete, Sprachlehrer*innen, Fußballtrainer*innen, Pastor*innen, Zollbeamte, Philosoph*innen, Soziolog*innen, Historiker*innen sein. Ihr gemeinsames Wissen wird zur Basis eines interdisziplinären Netzwerkes.

Was ein Markt für nützliches Wissen und
Nicht-Wissen alles sein kann

Impression Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen | 7. April 2018 | Staatstheater Braunschweig | © Stage Picture, Thomas M. Jauk
  • ein erzählerisches Format der Wissensvermittlung zu einem bestimmten Thema
  • ein kollektives Kommunikationsmodell
  • ein Treffen von Wissenschaft, Alltagswissen und Expertentum
  • eine analoge Form von Wikipedia
  • eine Bühne für lokales Wissen
  • ein performativer Schau- und Produktionsraum der Wissensvermittlung
  • ein stetig wachsendes Online-Audio-Archiv

Die Lizenz

Lizenzen sind aus Industrie, Handel oder Jagdrevieren bekannt, im Kunstbereich sind sie aber eher selten. Theaterstücke, Kunstwerke und Konzepte sind gewöhnlich an ihre jeweiligen Erfinder*innen, Autor*innen oder Macher*innen gebunden. Geistiges Eigentum ist durch das Urheberrecht geschützt. Die Mobile Akademie Berlin um die Drama­turgin Hannah Hurtzig hat eine originäre Inszenierung der Wissensvermittlung entwickelt und in den letzten Jahren als Format etabliert, das übertragen werden kann an andere Kurator*innen und Kolleg*innen, die es sich aneignen und in Eigenregie einen Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen umsetzen können. Die Stiftung Niedersachsen hat sich dieser Idee eines Kunstnutzungsrechts angenommen und bietet ab Herbst interessierten Lizenznehmern an, das „Markt-Format“ zu kopieren und Märkte des nützlichen Wissens und Nicht-Wissens rund um das Thema Einwanderungsgesellschaft zu realisieren.

Die Förderer*in

Die Stiftung Niedersachsen vergibt Lizenzen zur Durchführung eines Marktes für nützliches Wissen und Nicht-Wissen an interessierte Institutionen und Initiativen aus ganz Niedersachsen.  
 
Das Lizenzangebot umfasst Schulungen, Workshops und ein umfassendes Handbuch der Mobilen Akademie Berlin, in denen das notwendige Wissen weitergegeben wird, um einen Markt selbstständig durchführen zu können. Die Lizenz beinhaltet die Schulung von Recherchetechniken sowie eine Einführung in die spezifische Dramaturgie und Organisation des Markts. Insgesamt übernimmt die Stiftung bis zu 75 % der Gesamt­kosten eines jeden Marktes. Die restlichen Kosten können durch Eigenmittel, Eigen­leistungen oder Drittmittel der Partnerinstitutionen gedeckt werden.

Die Urheber*innen

Die Mobile Akademie Berlin arbeitet seit ihrer Gründung im Jahr 1999 durch die Kuratorin, Kopistin und Künstlerin Hannah Hurtzig mit wechselnden Kollaborateuren im Zwischenbereich von Kunst und Wissenschaft, Expertise und Alltag. Sie inszeniert Bühnenauftritte und Versammlungsstätten des Wissens, in denen Sprechakte aus unterschiedlichen Disziplinen in performativen Architekturen zur Aufführung kommen. In den letzten Jahren entstanden verschiedene kollektive Lern- und Produktionsräume zur Wissensvermittlung sowie performative Installationen zur Rhetorik des Dialogs und der Kunst der Konversation.
 
Der Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen ist das erfolgreichste künstlerische Projekt der Mobilen Akademie Berlin. Er gastierte in den letzten 10 Jahren in 12 Ländern und machte unter anderem Station in Paris, Riga, Wien, Liverpool, Dresden, Berlin und Hamburg. Zudem wurden in die Städte Amsterdam, Graz und Mannheim Lizenzen verkauft. Märkte fanden unter anderem zu folgenden Themen statt: Die Gabe und andere Verletzungen des Tauschprinzips; 100 Gespräche über das Schweigen; Unser Geld – über die allmähliche Entstofflichung eines Tauschmittels; Das Andere der Vernunft, zeitgenössische Spekulationen zum Romantischen.